Jagdhorn

Das Jagdhorn und seine Musik

Die Entwicklung des Metallblasinstrumentes Horn wurde im 16. Jahrhundert geprägt durch die handwerklichen Geschicklichkeiten der Instrumentenbauer, die Metallbearbeitungsmöglichkeiten und die Anforderungen, die an die Blasinstrumente gestellt wurden.
Uns ist überliefert, daß das Horn schon in damaliger Zeit eine sehr breite Verwendung sowohl in der Orchestermusik als auch auf der Jagd fand. Es unterlag seitdem vielen Veränderungen, die durch die unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten geprägt wurden.

Aus dem damaligen Jagdwaldhorn entwickelte sich unter anderem das Waldhorn, das Barockhorn, das Inventionshorn, die verschiedensten Ventilhörner und parallel dazu das Jagdhorn "cor de chasse".

Im Laufe der darauf folgenden 250 Jahre entstanden im französischen Sprachraum bei den Jagdhörnern unterschiedliche Bauarten. Sie unterschieden sich in den Baugrößen: 1½ windig das Chrétien-Jagdhorn, 2½ windig das Dampierre-Jagdhorn,
2½ + 3½ windig das Dauphin-Jagdhorn und das 3½ windige Orléans-Jagdhorn. Sie waren überwiegend im Tonregister D gestimmt.

In der Zeit von 1630 bis zum Ende der Herrschaft von Ludwig dem XVI hatten diese Jagdhörner bei den höfischen Parforcejagden "chasse à courre" und seinen Festen eine Blütezeit. Man nannte die verwendeten Jagdhörner damals und noch heute Parforcehörner "cor par force". Einige der bei den Jagden geblasenen Fanfaren und Musikstücke wurden uns überliefert.

Diese höfische Jagdkultur wurde zur damaligen Zeit auch an befreundete Fürstenhöfe in den Nachbarländern weitergegeben, z.B. nach Böhmen, Preußen, Sachsen, Bayern, Hessen, Württemberg, Österreich-Ungarn, Italien und England.

Dadurch vermischten sich in diesen Ländern heimische Jagdgewohnheiten mit übertragenem. Es entstanden nicht nur neue Blasinstrumente - z. B. Parforcehörner in den Tonlagen C, Es, F und G, sondern es wurden auch von Hornisten, die der Jagd eng verbunden waren, die Jagdmusikkompositionen erweitert. So entstand ein großer Wirkungskreis um diese neue Jagdmusikkultur.

Deshalb treffen wir heute in unserem deutschsprachigen Raum mehrere Jagdmusiktraditionen mit verschiedenen Jagdhörnern an, die sich mit ihren unterschiedlichen Bedingungen über Jahrhunderte erhalten haben.

Das  Fürst-Pless-Horn ist ein in B gestimmes Horn und dient vor allem Waidmännern zum Anstimmen der Jagdhornsignale. Es ist ein Blechblasinstrument mit drei und ohne Ventile wie auch in verkleinerter Manteltaschenausführung. Es hat eine Rohrlänge von ca.130 cm und hat dabei einen Windungsdurchmesser von nur 16 cm. Es wird oft mit grünen Lederband umwickelt. Benannt wurde dieses Horn ab 1880 nach Hans Heinrich XI. Fürst von Pless, dem Oberstjägermeister von Kaiser Wilhelm I.

Die geringen melodischen Möglichkeiten dieses nur 5-6 Töne umfassenden Hornes werden durch die Vielfalt der rhythmischen Figuren ausgeglichen.

Alle traditionellen zweiwindigen Fürst-Pleßhörner haben einen breiten Neusilberkranz am Becherrand, der früher als Überblaskranz oder auch zur Verstärkung notwendig war. Die heutige Konzeption weist ihm eher eine optische Bedeutung zu.

Das Parforcehorn ist ein Blechblasinstrument und direkter Vorläufer des modernen Waldhorn. Der Einsatz erfolgt vorrangig im jagdlichen Brauchtum zum Blasen von Jagdhornsignalen. Die große Windung diente dazu, dass der Reiter das Horn über der Schulter tragen konnte, indem er Kopf und Arm hindurchsteckte. So hatte er beide Hände zum Reiten frei. Das ursprüngliche Horn zum jagdlichen Gebrauch hatte nur eine Windung, erst für den Einsatz im Orchester wurde es mehrwindig gebaut.

Die Grundstimmung ist in Es, B oder mit einem Ventil umschaltbar zwischen Es oder B. Durch das Blasen mit Naturtönen können auch Melodien und als charakteristische zweistimmige Tonfolge die sogenannten Hornquinten gespielt werden.

Das Instrument wird mit der rechten Hand gehalten, die linke Hand hat eventuell nur leicht Stützende Funktion. Entgegen der modernen Waldhornhaltung wird die rechte Hand nicht im Schallbecher eingeführt, das Instrument wird offen gespielt.

Das originale Parforcehorn-Mundstück ist trichterförmig und hat einen extrem schmalen Rand. Dadurch erhält der Bläser einen sehr durchdringenden Ton, der im Wald sehr weit trägt. Da mit es laut „schmettert“, wird es möglichst kräftig an die Lippen gedrückt. Beim originalen Gebrauch zur Parforce-Jagd kommt es nicht auf „romantische Klangschönheit“, sondern auf laute Dynamik an. Früher schnitten sich deshalb die Bläser die Lippenhaut auf und ließen sie vernarben. Die so verhärtet Haut verhinderte, dass ein zu starker Druck des Mundstückes die Lippenmuskulatur durchquetschte.

Künstlerisch wird das Parforcehorn unter anderm in der romantischen Oper „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber im Jägerchor und in Joseph Haydns Oratorium Die Jahreszeiten imitiert. Die Melodie lässt sich für den Freischütz mit den 6. bis 14. Tönen der Naturtonleiter blasen.

 

Autor: E. Joachim Kolberg auf www.jagdhornmusik.de